Es soll ja Leute geben, die sich eher eine Sissybar ans einsitzige Stummelheck stecken würden, als sich auf eine BMW zu setzen. Julian war da auf der Suche nach einem Zweizylinder fernab der Norm nicht ganz so engstirnig.
Zum einen wusste er, dass sein neuer Bomber ohnehin einer erheblichen Individualisierung unterzogen werden würde. Zum anderen machte er zwischen all dem in nahezu jeder Hinsicht unwürdigen Krempel, den BMW uns als Motorrad verkaufen will, etwas mit erstaunlichem Potenzial aus: Die R 1200 S verfügte nicht nur über den charakter- und seit einigen Evolutionsstufen auch leistungs- und vor allem drehmomentstarken – Zweizylinder Boxermotor mit reichlich Hubraum, sondern auch über eine Einarmschwinge und eine Underseat-Fanfare. Was für Julians Zwecke definitiv schon einen bis zwei Schritte in die richtige Richtung darstellte.
Hässliche Schale, schöner Kern
Und es waren nicht die einzigen: Der Vorbesitzer hatte seiner Bayerin bereits einen Superbike-Kit spendiert (die S ist im Original ein halbschaliges Bückeisen) und außerdem aus dem BMW-Zubehörkatalog ein paar feine Goodies bestellt (und auch ans Moped getackert): Neben einer sechs Zoll breiten (Serie: 5,5 Zoll) Felge und einer Akrapovic-Auspuffanlage war das auch ein Öhlins-Fahrwerk. Damit war für Julian schon eine Menge Aphrodisiakum ausgelegt – was aber natürlich den optischen Handlungsbedarf umso dringender machte.
Einfach mit Entfernen des BMW-Bikinis war es leider nicht getan – denn dieser Arbeitsschritt hinterließ einen für sich alleine gesehen überhaupt keinen stilistischen Sinn machenden Tank, der zudem einige offene Wunden an der Frontseite aufwies. Ein Tankcover brachte Linderung – die Lösung des Problems waren aber erst die eigenhändig anlaminierten Lufthutzen, die dann aber wenigsten nicht nur die Problemzonen kaschierten, sondern sich sogar als Aktivposten hinsichtlich des Stylings erwiesen und ihren Teil zur fleischigen Frontalperspektive beitragen.
Natürlich musste eine der mittels Rundscheinwerfer komprimierten Frontpartie ein angemessenes Heck zugewiesen werden – der originale Schemel versprühte eher den Charme eines spröde gewordenen Radiergummis. BMW halt. Dass die italienischen Kollegen aus Bologna das besser können, haben sie neben vielen anderen Beispielen auch mit der 696er Monster bewiesen – und da deren Kehrseite nicht nur mit Julians Vorstellungen einer Motorradfront, sondern auch mit dem Underseat-Auspuff hervorragend korrespondierten, musste nur noch ein passender Heckrahmen her. Das entsprechende Edelstahlfachwerk ließ sich dankbarerweise am Hauptrahmen der BMW verschrauben, sodass hier kein zulassungstechnisches Ungemach drohte. Und auch sonst muss man schon ein über alle Maßen ausgeprägte BMW-Hasser sein, um an Julians R 1200 S etwas ernsthaftes zu Meckern finden will, oder?
Basismodell: BMW R 1200 S
Motor: Serie mit R 1200 R-Ölkühler Ventildeckel geschliffen und lackiert
Auspuff: angepasster BMW HP2-Sportkrümmer mit modifiziertem Zwischenrohr und Akrapovic-Schalldämpfer
Rahmen: Serie mit Strassenmeister-Heckrahmen
Schwinge: Serie
Gabel: Serie mit AC Schnitzer-Brücke
Räder: Serie 3,5×17 vorn, BMW-Sonderausstattung 6×17 hinten
Bremsen: Serie mit Stahlflexleitungen
Tank: Serie mit modifiziertem Sebimoto-Cover
Höcker: Ducati Monster 696
Kotflügel: BMW HP2 Megamoto Carbon, modifiziert
Scheinwerfer: Highsider LED mit Speed of Color-Verkleidung
Sonstiges: Öhlins-Federbein, versetzter Originaltacho, LSL-Lenker, Shin Yo, Blinker/Rücklicht/Bremslicht-Kombi, LSL-Fußrasten, optionale Soziusrasten