Wenn Manfred bei Thorben auf der Matte steht, weiß dieser, was die Stunde geschlagen hat: Wertigem Alteisen sollen Beine gemacht werden.
Und zwar moderne Beine – was zum einen die pure Fahrbarkeit der alten schaukeligen Schlachtrösser auf ein lebensbejahrendes Level hebt und ganz nebenbei auch die Optik deutlich saftiger macht. Den so sehr die klassischen Formen vom Prinzip her auch gefallen mögen: Mit dürren Stelzen, in denen Räder hängen, bei denen das Höhen/Breitenverhältnis nach heutigem Empfinden grotesk verzerrt ist, wird der Augenschmaus schnell zur verdorbenen Mahlzeit.
Frau Bolle bekommt Muckis
Trotzdem haben die Brenner der späten siebziger und frühen Achtizger genug angeborenen Charme, dass mit einem frischen Chassis und ein paar dezenten Straffungen ein wirklich apartes Gefährt zu kreieren ist. Versuch das mal bei einer Hayabusa oder einer Ducati Multistrada! Im Falle eines Kloppers wie der Bol d’Or erreicht man schon ganz andere Ebenen der Filigranität, wenn man einfach die originalen Blinker abkratzt, aus deren Rohmaterial Honda heute eine ganze Rücklicht-Charge fertigen könnte. Wenn man dann noch wie Thorben in der Lage ist, auch etwas anspruchsvollere Operationen durchzuführen, blüht die alte Dame richtig auf: Er kürzte das Heck um acht Zentimeter ein, versenkte das Rücklicht (was gefühlt nochmal acht Zentimeter spart) und verwandelte die Sitzbank in einen geräumigen, aber dynamisch abgepostertes Einsitzer.
Dynamik war auch im Maschinenraum das Stichwort: So sehr die Zeitgenossen in den frühen Achtzigern vor 120 PS und 90 Nm auch gezittert haben (angesichts der Fahrwerksqualität auch zurecht), verlieren diese Werte spätestens vor dem Hintergrund des Gewichts dieser Brocken an Reiz. Und da es ohnehin eine gute Idee ist, im Zuge der Auffrischung eines so alten Motorrads auch den Motor zu öffnen, gab es mit Wisesco-Kolben, schärferen Nockenwellen, einer Kopfbearbeitung, Flachschiebern und einer MAB-Pipeline auch gleich einen bunten und hervorragend zusammenarbeitenden Strauß alltagstauglicher Tuning-Maßnahmen.
Wenn Manfred bis dahin noch keinen Grund für ein neues Fahrwerk gesehen hätte (was natürlich nicht der Fall war), spätestens mit dem Muskelzuwachs wäre er gegeben. Die Gabel stammt aus einer Kawasaki ZXR 750 – nicht das Neueste vom Neuesten, aber in jeder Hinsicht mit modernen Tugenden gesegnet, von hübschem güldenen Teint und einerseits kurz genug, um die Bolle angriffslustig in die Hocke gehen zu lassen, aber gerade noch lang genug, um auf in Kurven die nötige Hand breit Luft unter den Krümmern zu garantieren. die hintere Radaufnahme entstammt einer 1200er Bandit und bringt die gewünschten Maße und die nötige Schlichtheit mit sich. Und eine zentrale Federbeinaufnahme, deren entsprechendes Gegenstück Thorben an einer geeigneten Querstrebe des Rahmens anschweißen musste. Wo schon der Heckrahmen kaum Anpassungsarbeit erforderte, konnte er sich hier wenigstens noch ein wenig am Gerippe austoben.
Austoben kann sich Manfred jetzt auch mit der Bol d’Or, ohne Angst haben zu müssen, bei nächster Gelegenheit ungebremst aus der Kurve zu schlingern. Und davon, dass die alte Lady auch beim Mettbrötchenfrühstück vor der Fleischerei oder auf Bildern eine gute Figur macht, könnt ihr euch hier überzeugen.
Basismodell: Honda CB 1100 F Super Bol d’Or
Motor: Serie mit Wiseco-Kolben, Zylinderkopfbearbeitung, geänderten Nockenwellen, Mikuni TMR-Flachschiebervergasern, XJR-Ölkühler und Ignitec-Zündung
Auspuff: MAB-Komplettanlage
Rahmen: Serie mit Aufnahme für Zentralfederbein
Schwinge: Suzuki Bandit 1200
Gabel: Kawasaki ZXR 750 mit Superbike-Brücke
Felgen: Kawasaki 3,5×17 vorn, Suzuki 5,5×17 hinten hinten
Bremsen: ZXR 750 vorn, Bandit 1200 hinten, Stahlflexleitungen
Höcker: Serie, gekürzt mit modifizierter Sitzbank
Kotflügel: ZXR 750
Scheinwerfer: Serie
Rücklicht: Serie, auf LED umgebaut und versenkt
Instrumente: Honda CB Sefenfifty
Sonstiges: ABM-Lenker, LED-Blinker, Fußrastenanlage und Federbein von Honda VTR, originales Lack-Design mit veränderten Farbtönen